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unsere November 2012 story

30.11.12

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In Kars blieben wir sieben Tage. Wir genossen diese ruhige, angenehme Stadt sehr.

Wir machten in dieser Zeit auch einen Ausflug nach Anı, 100 km hin und zurück.
Ani war eine (der mehreren) ehemaligen Hauptstädte Armeniens. Ani ist heute in der Türkei, am Grenzfluss zu Armenien. Auf der gegenüber liegenden Seite des Flusses sahen wir einen Steinbruch, eine kleine Siedlung und zwei Wachttürme. Die Türme waren, soweit wir (mit dem Feldstecher) sehen konnten, nicht besetzt. Es war kein einladender Eindruck. Doch der Eindruck von Armenien wird sicher früher oder später positiv ausfallen. Anı selbst war sehr beeindruckend. Hier, wo nur noch ein riesiges Trümmerfeld, die Ruinen von ein paar Kirchen, einer Burg, eines Palastes und einer Moschee zu sehen sind war eine hochentwickelte Hauptstadt eines grossen Reiches.

Nach Kars gings Richtung Georgien. Unsere letzte Nacht in der Türkei verbrachten wir am 'Çıldır Gölü', bei einem Fischrestaurant direkt am See, auf 1965 müM. Die Nacht war entsprechend kalt (Minustemperaturen), aber wir hatten wieder Glück, die Sonne schien am Morgen und wärmte uns auf. Bis zur Grenze waren es dann noch 148 km und über den Pass Ilgardağı Geçidi (2540 m). Das letzte Mittagessen in der Türkei genossen wir in Posof kurz vor der Grenze. In der Türkei waren wir 73 Tage und sind in dieser Zeit 3753 km gefahren, zum Glück ohne jegliches Problem.

Die Einreise nach Georgien verlief problemlos: Ein kurzer Blick ins Fahrzeuginnere, die Pässe abstempeln lassen, den Fahrzeugausweis zeigen, das war's. Die 3 Zöllner sprachen Englisch und waren freundlich. Nach einer Fahrzeugversicherung fragten sie nicht. Wir fahren nun in Georgien ohne Versicherung.

Der erste Halt in diesem Neuland war in Akhaltsikhe. Hier blieben wir zwei Tage, parkiert bei einem Restaurant ausgangs Stadt. In diesem Restaurant hatten wir auch unser erstes Georgische Essen. Wir waren im grossen, nüchternen, kalten Saal die einzigen Gäste. Das Essen war trotzdem sehr gut. In Akhaltsikhe besuchten wir die Burg, das schöne Museum (erst seit August 2012 eröffnet) und begutachteten rein Interesse halber einen Georgischen Supermarkt. 'Sternchen Teigware' und andere Produkte mit Deutscher Aufschrift waren zu finden. Welche Ueberraschung.

Gestern fuhren wir weiter nach Borjomi. Hier hausen wir nicht mehr im Bremach, sondern in 'Marina's Guesthouse'. Im Zimmer ist es zwar kalt, doch im Bett ist eine elektrische Heizdecke. Ein Taxifahrer vermittelte die Unterkunft. Borjomi ist ein Kurort seit Mitte des 19. Jh. Der Kurort gehörte der Russischen Zarenfamilie.

Unser erster Eindruck von Georgien ist durchaus positiv. Die Leute sind liebenswürdig. Gutes Essen gibt es auch, zum Bsp Apfel/Pilz Salat mit etwas Dill, oder Fleischsuppe mit viel frischem Kardamon. In den Gaststätten bedienen wieder Frauen, nicht wie in der Türkei, wo es immer nur Männer waren. Ein paar (jüngere) Leute können etwas Englisch. Unsere bescheidenen Russischkenntnisse sind noch nicht präsent. Zuerst müssen wir das Türkische schubladisieren und das Russische aus dem Gedächtnis und den mitgenommenen Unterlagen hervorkramen. Wir geniessen schönes Wetter.

20.11.12

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Nach 3 Tagen am Tigris bei Hasankeyf gings also zum Vansee, via Batman und Bitlis, 222 km in 2 Tagen. Unterwegs, auf der Suche nach einem Uebernachtungsort mit Aussicht, fuhren wir aufs Geratewohl eine Bergstrasse hoch. Wir landeten im kleinen kurdischen Bergdorf Güllüce. Hier wurden wir zu einem einfachen Abendessen eingeladen. Auf dem Teppich im Wohnzimmer wurde ein Tuch ausgebreitet (einen Tisch, Stühle oder ein Sofa gab es nicht) und darauf das Essen und Geschirr plaziert. Die Eltern, 4 Kinder und wir sassen darum, im Schneidersitz (wir solange es ging). Die Schuhe hatten wir natürlich beim Betreten des Hauses ausgezogen, so wie es sich gehört.

Am Vansee blieben wir zuerst am westlichen Ende, in der Stadt Tatvan. Als unseren Standort wählten wir aufgrund unseres Reiseführers den Kiesplatz des Hotels 'King', direkt hinter der Seepromenade. Das Hotel ist jedoch heute nur noch ein Lokal mit Alkoholausschank. Am zweiten Abend zertrümmerte ein Mann gleich eine Reihe von Fensterscheiben. Der Bremach nebenan kriegte nur einen zünftigen Fusstritt ab, zum Glück. Nach 2 Tagen und schlechtem Wetter (viel Regen, Wind) zogen wir weiter. Für die Weiterfahrt wählten wir das Nordufer des Vansees und liessen somit die Stadt Van aus. Im Dorf Adilcevaz blieben wir ebenfalls 2 Tage, diesmal in einem Hotel (und nicht daneben). Das Wetter war schon wieder gut.

Der Vansee ist der grösste See der Türkei und genau 7 mal grösser als der Bodensee (Untersee miteingerechnet). Die maximale Länge ist 128 km. Dem Nordufer entlang fahrend war für uns die Distanz von West nach Ost 193 km. Er liegt auf 1650 müM und hat keinen Abfluss. Da er sehr alkalisch ist lebt nur eine einzige Fischart im See (eine Karpfenart).

Von Adilcevaz fuhren wir an einem Tag bis nach Doğubayazıt, 215 km. Zuerst gings weiter dem Nordufer entlang über Ercış bis zum Ostende des Sees. Erciş war vom grossen Erdbeben am Vansee vom Oktober 2011 am stärksten betroffen. Abgesehen von 2 Containersiedlungen, ein paar Neubausiedlungen und 2 fehlenden Minaretten sahen wir nur wenige Spuren von diesem Unglück.

Nach dem See gings stetig aufwärts zum Pass Tendürek Geçidi (2644 m). Auf dieser Strecke besuchten wir kurz die Teufelsbrücke (Şeytan Köprüsü) und den Wasserfall Muradiye Selalesi. Hier schossen uns Buben bei der Wegfahrt noch Steine nach, weil wir ihnen vorher kein Geld gaben. (Das erste Steinewerfen auf unserer Reise.)

Die Strasse zum Pass verläuft teilweise parallel zur Grenze zum Iran und nur ein paar wenige km davon entfernt. Auf den nahen Berg- und Hügelkuppen sahen wir etliche türkische Grenzposten. Einige davon schienen stark befestigt zu sein. Ob wegen des Nachbarstaates (es ist immerhin eine NATO Aussengrenze) oder wegen möglicher Angriffe seitens PKK aus diesem Nachbarstaat wissen wir nicht.

Kurz nach dem (schneebedeckten) Pass Tendürek Geçidi sahen wir erstmals den Berg Ararat (5137 m), zwar nur den oberen Teil, dafür blendend weiss vor blauem Himmel. Bei Somkaya, dem ersten Dorf nach dem Tendürek Pass, sahen wir den grossen und den kleinen Ararat (3896 m) gleichzeitig (siehe Bild). Der Ararat (türkisch Ağrı Dağı) ist der höchste Berg der Türkei und gemäss jüdischer und christlicher Tradition der Landeplatz von Noah's Arche nach der Sintflut. Für die Muslims übrigens ist nicht der Ararat, sondern der Berg Judi (türkisch Cudi) der Landeplatz, gelegen im Südosten der Türkei, bei Cizre in der Nähe der Grenze zu Syrien.

In Doğubayazıt blieben wir 4 Tage, plaziert auf dem 'Murat Camping' 1867 müM und 68 Höhenmeter unterhalb des imposanten osmanischen Palastes 'İshak Paşa Sarayı'. Wir waren hier die einzigen. Welche Touristen reisen schon um diese Jahreszeit in dieser Gegend. Auch hier genossen wir bestes Wetter. Die Nächte waren allerdings kalt (ca 3 °C). Mit geschlossenem Dach, laufender Heizung (auf schwacher Stufe) und gutem Schlafsack waren diese gut zu meistern. Nach Sonnenaufgang um 7h40 war es bald wieder warm, gegen Mittag so warm, dass wir im Hemd draussen sitzen konnten. Letzten Samstag machten wir noch eine kleine Bergwanderung. Wir konnten dabei wieder den (grossen) Ararat sehen und, welche Ueberraschung, einen ersten Blick nach Armenien werfen. In 130 km Distanz sahen wir den Berg Aragat (Aragac, Aragats, 4090 m). Dieser Berg ist der höchste Armeniens.

Seit gestern sind wir in Kars im Nordosten der Türkei. Wir fuhren von Doğubayazıt in einem Tag hierhin, 208 km. Wir wollen ein paar Tage hier bleiben, bevor es Richtung Georgien geht.

09.11.12

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Seit vorgestern sind wir in Hasankeyf in Südostanatolien.

Von Malatya fuhren wir auf den Berg Nemrut (türkisch Nemrut Dağı) in der Provinz Adiyaman, 104 km und von 962 müM auf 2123 m. Hier hatten wir, fast zuoberst auf dem Berg und am Ende der Naturstrasse einen schönen Platz für 2 Tage (siehe Bild). (Es gibt noch einen zweiten Berg Nemrut, am Vansee, in der Provinz Bitlis.)

'Unser' Nemrut ist berühmt wegen König Antiochus I respektive seinem Mausoleum. Antiochus (86 - 36 vuZ) vom Reich der Kommagenen liess auf der Bergspitze einen 50 m hohen Steinhügel errichten, und grosse Statuen auf der Ost- und Westseite davon. Dies war sein Mausoleum, auf ca 2200 müM. Die Köpfe sind heute nicht mehr auf den Statuen, sondern davor schön aufgereiht. Aber immerhin, sie sind nach über 2000 Jahren noch vorhanden und in erstaunlich gutem Zustand. Dieses kolossale Monument war nur ein paar Gehminuten oberhalb von unserem Standort. Wir konnten dort sowohl Sonnenaufgang wie -untergang geniessen. Wir waren allerdings nicht die einzigen Touristen die für diese Ereignisse auf den Nemrut stiegen.

Der nächste Halt, ebenfalls für 2 Tage, war in Arsameia (am Nymphaios). Arsameia war Residenzstadt des Reichs der Kommagenen. Hier ist die Grabstätte und der dazugehörige Kultbezirk für den Vater von Antiochus, König Mithridates. Arsameia wurde im 3. Jh. vuZ gegründet und schon zu römischer Zeit wieder verlassen.

Auch Karakuş tumulus hat mit den Kommagenen zu tun. Karakuş (schwarzer Vogel) ist ein weiterer Grabhügel, angelegt vom Sohn von Antiochus für seine Mutter und seine 2 Schwestern. Auf 3 Seiten des Hügels stehen noch grosse Säulen (siehe Bild). Von hier aus konnten wir auch einen Blick zurück auf den Nemrut werfen. Bei unserer Ankunft stand ein Fahrzeug auf dem Parkplatz, ein alter blauer Mercedes Bus, etwas umgebaut und mit Bündner Kontrollschild. Marco reist nun das achte ! Mal mit diesem Bus nach Indien. Bis in den Iran hat Marco 2 Mitfahrende, Peter und Marina aus dem Tirol.

Unser nächster Halt war bei der Fähre über den Atatürk Stausee, auf der Strecke Kahta - Siverek. Dieser See ist der gestaute Euphrat (türkisch Firat). Damit wir den Fährbetrieb etwas beobachten konnten blieben wir eine Nacht an der Anlegestelle. So holte uns Marco mit seinem blauen Bus (siehe Bild) wieder ein. Die Ueberfahrt dauerte 15 Minuten. Eine grosse Brücke über den Stausee ist nun im Bau.

In Diyarbakır, der Hochburg der Kurden, blieben wir 4 Tage, zur Abwechslung wieder in einem Hotel. Am Sonntag besuchten wir 3 Kirchen: die Armenische 'Surp Giragos Kilisesi', die Chaldäische 'Mar Petyun Keldanı Kilisesi' und die Syrisch Orthodoxe 'Meryemana Kilisesi'. Die Armenische Kirche wird seit 2011 wieder benützt, nach langer Zeit der Restaurierung. Bei unserem Besuch fand ein grosser Festgottesdienst statt (siehe Bild), für uns ein glücklicher Zufall. Der Anlass war, dass seit 1915 die Kirchenglocke erstmals wieder läutete. (Der Kirchturm wurde damals zerstört.)

Diyarbakır hat natürlich auch viele Moscheen. Sehr schön ist die restaurierte Grosse Moschee (Ulu Camii). Und der Basar ist auch sehr gross. Und die Stadtmauer ist noch viel grösser. Diyarbakır hat uns sehr gut gefallen. Die Leute waren freundlich und hilfsbereit, die Atmosphäre war irgendwie anders als in anderen Städten.

Seit vorgestern sind wir in Hasankeyf am Tigris (türkisch Dicle). Der Ort ist bekannt wegen des umstrittenen Ilisu-Staudammprojektes. Ein Teil des Ortes soll im Stausee untergehen. Der Ort aber hat eine grosse und lange Geschichte. Die Römer haben ihn gegründet, er war Byzantinischer Bischofssitz, die Araber haben ihn erobert, ebenso die Mongolen und Osmanen. Unser Standort hier ist direkt am linken Flussufer, ca 10 Gehminuten oberhalb des Ortes. Wir sind hier ganz für uns. Nur Schafherden oder Kühe kommen vorbei. Den Tigris (Dicle) hören wir dank einer flachen Stromschnelle rauschen und auf der anderen Flussseite sehen wir die Burgruine auf einer hohen senkrechten Felswand.

Hasankeyf ist der südlichste Punkt unserer jetzigen Türkeireise. (Die Grenze zu Syrien ist 70 km entfernt, Luftlinie.) Ab hier wird es nordostwärts Richtung Vansee gehen. Die Temperaturen werden sicher bald merklich sinken. Tagsüber haben wir hier 20°C oder mehr, nachts 10°C. Den letzten Regen hatten wir vor 15 Tagen und seither schönes Wetter. Der Vansee liegt auf 1640 müM (Hasankeyf auf 468 m) und nachts soll es dort schon jetzt um die 0°C sein. Das Uebernachten im Bremach wird bald etwas mühsamer werden.

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