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unsere Mai 2012 story

30.05.12

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Seit gestern sind wir in Tuzla (Bosnien).

Am Sonntag, 20.05.12, hatten wir tatsächlich einen richtigen, schönen Wandertag in der Umgebung von Maribor. Ueber den bewaldeten Rücken des Berges 'Pohorje' gings bis zur Kirche 'Sveti Areh' (spätes 17. Jh.) und den gleichen Weg zurück. Am Montag dann war schlechtes Wetter. So verschoben wir die Weiterreise auf Dienstag. (Wir packen nicht gerne bei Regen zusammen.) Wir fuhren dann über Ptuj und Ormož nach Kroatien. Der Grenzübertritt bei Središče ob Dravi war schnell und problemlos. Gleichentags über Čakovec - Prelog - Ludbreg - Koprivnica - Ðurdevac - bis Šemovci. Dort Uebernachtung auf dem Parkplatz eines Restaurants. Anderntags über Bjelovar - Veliki Zdenci - Kutina - bis ausserhalb des Dorfes Lonja am Fluss Sava (Save). Wir fuhren dabei an unserem früheren Rastplatz bei der Fähre vorbei (siehe Bild vom Oktober 2009). Kaum waren wir auf einem Plätzchen am Fluss eingerichtet, kommen auf dem Dammsträsschen die Urner vom Campingplatz Maribor angefahren. Sie waren in der Zwischenzeit im Nordosten von Kroatien, und nun bereits auf der Rückreise. Die meisten Reisenden müssen oder wollen halt schneller vorwärtsmachen als wir.

Anderntags, am gleichen Fluss Sava und an der Grenze zu Bosnien, besuchten wir die Gedenkstätte Jasenovac. Von 1941 bis 1945 war hier (und in einigen umliegenden Orten) ein Konzentrationslager. Es war (im damaligen 'Unabhängigen Staat Kroatien', NDH, einem Vasallenstaat der Nazis) das grösste Vernichtungslager während des Zweiten Weltkriegs in Südosteuropa. Am 05.05.45 wurde es von jugoslawischen Partisanen befreit. Gemäss neuesten Forschungen wurden ca 80'000 Leute umgebracht, v.a. Serben und Romas. Jugoslawien hatte die Opferzahl weit höher angegeben, und Kroatien weit tiefer, beide Seiten aus politischen Gründen. Dinko Šakić, zeitweise Lagerkommandant, wurde 1998 im Alter von 76 Jahren von Argentinien an Kroatien ausgeliefert und 1999 zu 20 Jahren Haft verurteilt. Wir fanden die Gedenkstätte schlicht und ansprechend, das kleine Museum aber düster. Vom Lager selbst sahen wir keine Spuren mehr (Teile der ehemaligen Lagereisenbahn ausgenommen).

In Bosnien galt unser erster Besuch einem Café an der Strasse (wir hatten noch Bosnische Mark von der letzten Reise bei uns), der nächste einer Tankstelle, der übernächste einer Bäckerei in Kozarska Dubica. (Die Stadt hiess früher Bosanska Dubica.) Dann gings gleich weiter Richtung Nationalpark Kozara. Unterwegs ein kurzer Aufenthalt beim Kloster 'Moštanica'. Es soll eines der grössten serbischen Klöster in Bosnien sein. Ab dem Kloster nur noch Naturstrasse, ca 15 km, durch dichten Wald. Bei der ersten Abzweigung richteten wir uns nach Radspuren im Dreck. Unsere Ueberlegung erwies sich als richtig: bei der zweiten Abzweigung war ein Wegweiser. Unterwegs trafen wir weder Fahrzeuge noch Waldarbeiter. Oben angekommen (auf ca 800 m, der Punkt heisst Mrakovica) fanden wir ein Beizli. Wir durften uns auf dem Kiesplatz einrichten. Wir hätten auch über Prijedor hierhin fahren können, alles auf Asphalt, wie sich später herausstellte. Doch das wäre ja nicht interessant gewesen, und erst noch weiter. Anderntags fanden wir in der Umgebung auch noch das Monument, das Hotel (beide waren auf unserer Karte eingezeichnet), sowie eine einfache Unterkunft für Wanderer. Das grosse Monument mitten im Wald erinnert an die Schlacht von Kozara (2. Weltkrieg, 1942). Schreiben wir heute wieder zu viel von Geschichte? Wir blieben zwei Nächte hier.

Der erste Ort nach der Talfahrt (Asphalt!) war Kozarac, östlich von Prijedor. Bei der Einfahrt ins Dorf fielen uns die vielen neuen und grossen Häuser auf. Für uns war sofort klar, die Leute verdienen ihr Geld im Ausland. Auf dem Parkplatz vor dem Konsum die Bestätigung: PW's mit Kontrollschilder TG, SZ, TI, GR. Im Café sprachen wir mit einem hiesigen Bosnier, der aber seit über 20 Jahren in Küssnacht SZ lebt.

Unsere Fahrt führte weiter über Banja Luka - Tešanj - Žepče - Zavidovici - Banovići nach Tuzla. Banja Luka war uns bekannt, seit Oktober 2011. So gabs dort nur eine Kaffeepause. Unterwegs übernachteten wir auf Picknick-Plätzen. Diese Orte sind für uns meistens interessant: tagsüber Betrieb, nachts ruhig und verlassen. Die Bosnier machen gerne Picknick, offensichtlich am liebsten an einem Bach im Wald. Sie nehmen auch immer genügend Esswaren mit und machen oft ein Feuer. So war es auch letzten Sonntag bei Banovići. Wir mussten unbedingt 'nur ein wenig' mitessen (und mittrinken). Das Essen wurde in einer Gusspfanne in der Glut zubereitet (siehe Bild).

Nun sind wir also in Tuzla, zum ersten Mal, und im Motel 'Royal'. 'Tuz' ist türkisch und heisst Salz. (Die Türken kamen 1463 hierhin.) Salz soll hier noch heute abgebaut werden. Der Boden unter der Stadt soll zum Teil zu stark ausgespühlt sein. Auf jeden Fall sahen wir ein Haus, das definitiv schräg stand. Mitten in der Stadt gibt es einen kleinen salzigen See, mit Kieselstrand und Sonnenschirme. Im Sommer fühlt man sich da sicher wie am Meer (siehe Bild).

19.05.12

Seit vorgestern sind wir in Maribor, und somit in Slowenien.

Nach fünf Tagen in Hallstatt sind wir an einem Tag bis Graz gereist, 244 km, für uns eine sehr grosse Etappe. Dort blieben wir sechs Tage, auf einem Campingplatz an der südwestlichen Peripherie. Wir kauften gleich am ersten Tag eine 7-Tage-Fahrkarte für Bus und Tram, für knapp 14 Franken pro Person. So gelangten wir jeweils einfach und günstig ins Zentrum und zurück. Am Sonntag waren wir auf dem Burgberg. Da Muttertag war herrschte dort viel Betrieb, vor allem für Kinder. Vielleicht war es auch diesem Tag zu verdanken, dass auf dem Burgberg spezielle Führungen stattfanden, geleitet von Professoren und Historikern. Wir nahmen diese Gelegenheit wahr. Eine weitere Führung machten wir mit durch das Kunsthaus Graz, am Dienstag. Dieses Haus wird auch 'Friendly Alien' genannt, wegen der ganz speziellen rundlichen Form. Uns hat diese Form des Kunsthauses gefallen, vielen (vielleicht dem meisten) Grazern gefällt sie nicht. 2003 war Graz die Kulturhauptstadt Europas. Das Kunsthaus wurde auf dieses Ereignis hin erbaut. (Uebrigens ohne Volksabstimmung, andernfalls würde es wahrscheinlich in der jetzigen Form nicht stehen.) Auf dem Campingplatz von Graz lernten wir Henry und Jennifer kennen, Bauern aus England, die nun in Frankreich leben. Henry ist 66, Jennifer 70. Sie sind mit ihrem Toyota auf dem Weg in die Mongolei. Falls Monika im gleichen Alter wie Jennifer in der Mongolei ankommen möchte, hätten wir also noch viel Zeit um unterwegs Halt zu machen.

Auf dem Campingplatz hier in Maribor kommen unsere direkten Nachbarn aus Uri und Graubünden. Die zwei Bündner fahren mountain bike 'downhill'. Das heisst u.a. mit der Gondelbahn auf den Berg, mit dem bike runter. Vielleicht sausen sie auch auf den gleichen Pisten talwärts, wie im Winter die Damen beim Weltcup Skirennen auf zwei Brettern. Talstation, etwas Piste und den nun wunderbar grünen Berg haben wir hier gleich vor unserer Nase. Wenn 2003 Graz die Kulturhauptstadt Europas war, so ist es 2012 Maribor. Dies ist aber nicht der Grund, weshalb wir hier sind. Auf früheren Reisen durch Slowenien haben wir schon viele Orte besucht, aber nie Maribor. Nun wollten wir diese Stadt einfach mal kennenlernen, umso mehr sie ungefähr an unserer beabsichtigten Route liegt. Die Stadt hiess übrigens früher (bis Ende Oesterreich-Ungarn 1918) Marburg.

Ein Nachtrag zu den Oesterreichern: Wir haben sie als witzig, aufgestellt und sehr freundlich erlebt. So hiess es zum Beispiel beim Bezahlenwollen (in einer der vielen Gartenwirtschaften) 'Ja freilich, nur einen Moment bitte' und nicht 'ich chumä'.

Ein Nachtrag zu den Campingplätzen: Alle von uns besuchten Plätze (in Bayern, Oesterreich, Slowenien) waren sauber und mit genügender bis sehr guter Infrastruktur. Jener von Nussdorf am Attersee verfügte über ein eigenes beheiztes Schwimmbecken, in Graz war ein riesiges Freibad gleich anschliessend, mit freiem Eintritt für die Campinggäste (beide Gelegenheiten haben wir allerdings nicht genutzt). Genutzt aber hat Monika die Maschinen für die Wäsche. In Hallstatt sah Paul, wahrscheinlich zum ersten Mal auf einem Campingplatz, einen Mann Hemden bügeln. Da noch nicht Hochsaison war konnten wir uns auch beste Plätze aussuchen, zum Beispiel direkt an einem See oder direkt an der Donau. Nun ist die (für uns sehr luxuriöse) Zeit der Campingplätze vorbei. Wir treffen vielleicht keine mehr an, auf jeden Fall suchen wir keine mehr. Dies ist auch gut so, alles zu seiner Zeit.

Heute gibts vielleicht ein gutes Slowenisches Nachtessen, auswärts. Es ist Monika's Geburtstag.

Und morgen gibts vielleicht wieder mal einen richtigen Wandertag. Der Himmel ist schon seit Tagen blau, und der kalte eher unangenehme Ostwind hat nachgelassen.

09.05.12

Bilder

Im Moment sind wir in Hallstatt, im Salzkammergut, Oesterreich.

Die Etappen seit unserer Abreise von Bern (vor 26 Tagen): Gwatt bei Thun, Sachseln, Buochs, Brunnen, Frauenfeld, Mammern, Lindau, Kochel (am Kochelsee), Tettenhausen (am Waginger See), Andorf, Inzell (an der Donau), Nussdorf (am Attersee), Hallstatt (am Hallstätter See).

Wir fuhren also vom Bodensee aus durch Oberbayern ziemlich gerade der österreichischen Grenze entlang gen Osten nach Oberösterreich bis an die Donau, dann südwärts ins Salzkammergut. An all diesen Orten, Andorf ausgenommen, waren wir auf einem Campingplatz. In Andorf genossen wir einen guten oberösterreichischen Gasthof. Im Nachbardorf Raab kauften wir vor 4 Jahren unseren Bremach. Dort war er nun zu einer letzten Kontrolle und wir hoffen, dass auch das Problem mit dem Partikelfilter nun gelöst ist.

Hallstatt ist berühmt wegen dem Salzbergwerk und der Hallstattkultur.

das Salz:
Salzablagerungen erfolgten vor rund 250 Mio Jahren, durch Verdunstung in seichten Buchten und Lagunen des Urmeeres. Nun ist ein Teil davon im Berg eingeschlossen, ein paar hundert Meter über dem Hallstätter See. Wahrscheinlich begann man bereits in der Jungsteinzeit dieses Hallstätter Salzlager abzubauen. Im sehr interessanten Museum von Hallstatt sahen wir zum Beispiel einen Pickel aus Hirschgeweih, der 7000 Jahre alt ist. Auch dort zu sehen sind ein Tragsack aus Leder für 45 kg Salzgestein und eine kegelförmige Mütze, beide ca 3000 Jahr alt. (Das Salz im Berg war ein guter Konservator.) Ein 'industrieller' Abbau (dh ein Abbau weit über den Eigenbedarf hinaus) begann wahrscheinlich schon Mitte Bronzezeit (14. Jh. vuZ). 100 Jahre vuZ gab es bereits einen Salzhandel mit den Römern. Im Ortsteil Lahn (wo wir nun auf dem Campingplatz sind) wurde auch eine römische Siedlung ausgegraben. Um das Jahr 1000 erreichte der Salzbergbau allmählich wieder die Bedeutung, die er schon in prähistorischer und römischer Zeit hatte. Um das Jahr 1311 wurde das Hallstätter Salzwesen neu organisiert: Bergbau und Sudwesen wurden zum 'Staatsbetrieb' (und blieben dies bis 1998). Seit 1607 bringt eine Soleleitung das Salz ins Tal, nach Ebensee am Traunsee. Auch heute noch wird Salz abgebaut. Es sollen noch ca 30 Leute im Hallstätter Salzberg beschäftigt sein.

die Kultur:
1846 wurde ein Gräberfeld am Salzberg entdeckt. Es wird angenommen, dass weit über 4000 Menschen hier bestattet wurden, vom 8. bis zum 4. Jahrhundert vuZ. Aufgrund der Funde in diesen Gräbern wird ein Abschnitt der älteren Eisenzeit als Hallstattzeit bezeichnet. (und die entsprechende Kultur als Hallstattkultur). Die Funde waren spektakulär, zum Beispiel ein Eisenschwert, der Elfenbeingriff mit Bernsteineinlagen verziert. (Das heisst auch, dass irgerndwie bereits ein Handel mit Afrika und der Nordsee bestand). Dieses berühmte Gräberfeld präsentiert sich heute als eine schöne Bergwiese (siehe Bild).
Im 4. Jahrhundert vuZ. beendete ein katastrophaler Bergsturz diese Hochkultur.
PS: Die neuere Eisenzeit wird übrigens nach einem Fundort am Neuenburger See als La-Téne-Kultur bezeichnet.

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