Druckversion

unsere September 2011 story

11.09.11

Bilder

Nachdem wir Katrin am 18.08.11 am Busbahnhof von Dobrinište verabschiedet hatten sind wir anderntags auch weitergezogen, in die Rila Berge, 132 km Fahrt nordwärts.

Wir hatten uns für das Gebiet der 7 Seen entschieden. Dort blieben wir 6 Tage.
Das Gebiet der 7 Seen ist allerdings nur ein kleiner Teil der Rila Berge. Insgesamt soll es im Rila über 100 Bergspitzen von mindestens 2000 müM geben und über 120 Seen (jeder auch noch so kleine ist wahrscheinlich mitgezählt). Auch der höchste Berg vom ganzen Balkan, der Musala (2925 m), liegt im Rila. Die 7 Seen liegen zwischen 2095 m und 2535 m und relativ nahe beieinander, sodass wir in diesen sechs Tagen ohne Problem alle erkunden konnten.

Den Bremach parkierten wir in der Nähe des untersten Berghauses, dem Pionerska. Zum zweiten (Rilski Ezera), 630 m höher, ging es bequem, per Sessellift. Das dritte Berghaus (Sedemte Ezera, auf 2196 m) war dann unser Standort für die Touren.
Bei der Ankunft überraschten uns die vielen Zelte in unmittelbarer Nähe des Hauses, weit über hundert, bis hoch oben am Hang, und kaum eines war auf flachem Boden aufgestellt. Das Rätsel war bald gelöst.

Es war ein Lager der Weissen Bruderschaft, gegründet vom Bulgaren Petar Danov (1864 - 1944). Nach ein paar Gesprächen mit Teilnehmern meinen wir es sei eine spirituelle Gruppe bei der Musik, Tanz (sparsamste Bewegungen) und Meditation eine wichtige Rolle spielen. Das Gebiet der 7 Seen scheint für diese Tätigkeiten ein ganz besonders geeigneter Ort zu sein. Auf jeden Fall sahen wir Brüder und Schwestern bei Sonnenaufgang meditieren, auf einer Bergwiese in weissen Kleidern tanzen und auf einem Felsvorsprung singen. An einem Abend sahen wir auf der Spitze des Hayduta (2465 m) drei kleine Punkte in Weiss. Ob die Drei dort oben sangen, tanzten oder meditierten konnten wir natürlich nicht feststellen. In den nächsten Tagen wurden die Zelte abgebaut, das Lager war vorbei. Ruhe am Bergsee kehrte ein.

Das Gebiet hat uns sehr gefallen, weitere Seen haben wir auch gesehen. Wer weiss, vielleicht erkunden wir in den kommenden Jahren noch den Rest der Rila Berge.
Zurück beim Bremach stellten wir etwas Neues fest: eine mutwillige Beschädigung. Der Tankdeckel war aufgebrochen, der Tank praktisch leer, der Diesel geklaut. Dies war ärgerlich, aber aufgeregt haben wir uns nicht, es war ja der erste derartige Vorfall in 18 Monaten Unterwegssein, und wir liessen es erst mal Morgen werden. Anderntags organisierten wir 5 L Diesel und konnten dann 15 km bergabwärts in das erste Dorf fahren. Tanken und Fall erledigt? Nicht ganz. Seitdem ist unser 20-Liter Reservekanister gefüllt und wir tanken jeweils nicht mehr voll.

Das nächste Ziel war das Kloster in Zemen, 100 km entfernt in NW Richtung. Das Kloster hat auch andere Namen (was das Recherchieren darüber etwas erschwert): Petscherski, Sweti Nikolaj Mirlikijski, Orjachowski, oder Mratschki. Die Klosterkirche und die ältesten erhaltenen Fresken stammen aus dem 11. Jh. Die Kirche ist sehr klein, nur 9 x 8 m und 11 m hoch (siehe Bild). Bei der Besichtigung trafen wir einen jungen Historiker aus Moskau. Er konnte uns die Fresken genau erklären. Er kennt übrigens auch die Schweiz gut und hat, wie er schmunzelnd erwähnt, ein Buch über die Schweizer Garde von Rom ins Russische übersetzt. Wir parkierten für 2 Nächte gleich ausserhalb der niedrigen Klostermauer, auf einem kleinen Strässchen, und hatten das Kloster somit unter Kontrolle. An der äusseren Ecke der Mauer war ein Brunnen. Nicht nur wir und die Nachbarn holten hier Wasser, sondern auch Leute aus dem nahegelegenen Dorf Zemen, per Fahrrad, Motorrad oder PW. Wir waren also mit besonders gutem Wasser versorgt.

Dann ging es nordwärts Richtung Grenze nach Serbien, über Land und möglichst viel Nebenstrassen. Wir erwarteten Besuch aus der Schweiz und suchten für das Treffen ein schönes Plätzchen in der Nähe der Hauptachse Belgrad - Sophia. Zwei oder drei km vor der Grenze fanden wir dieses, in Kalotina, bei einem Teich für Fischer, schön abgelegen. Zwei Tage später, am 29.08.11, das Wiedersehen mit Myrta und Armin Kälin. Wir hatten die Zwei Mitte September 2010 am Ohrid-See in Mazedonien kennengelernt. Diesmal sind sie auf Reise in die Türkei. Wir genossen die Zeit, hatten uns viel zu erzählen.

Am 31.08.11 ging es über die Grenze nach Serbien, nach 31 Tagen in Bulgarien, und nordwestwärts bis an die Donau bei Donji Milanovac, 330 km in 5 Tagen. Wir wählten dazu wiederum möglichst viel Hinterland. Viele Hügel und sehr viel Wald, eine schöne Landschaft. Aber der erste Teil der Strecke schien auch das Ende der Welt zu sein: Wenige und sehr sehr einfache kleine Dörfer, ohne Läden, ohne Nichts, sicher vom Aussterben bedroht. Ab Boljevac schien die wirtschaftliche Situation schlagartig besser. Wohl einzigartig betreffs Wohlstand ist Ljubičevac an der Donau. Das Dorf besteht praktisch nur aus neuen und sehr grossen Häusern, richtigen Villen. Die Einwohner haben sich den Reichtum in Skandinavien (v.a. Dänemark) erarbeitet, in drei bis vier Generationen. Sie nennen ihren Ort auch 'Europäisches Dorf' und sind stolz darauf.

In Donji Milanovac an der Donau bezogen wir ein Privatzimmer für zwei Nächte. Wir wollten wieder mal bequem duschen. Tourismus ist in diesem Dorf eine bekannte Grösse: viele Privatzimmer (vor allem von Radfahrern aufgesucht), eine schöne Touristen-Info, ein gutes Restaurant mit Speisekarte auch in Englisch. Touristen-Schiffe legen hier für zwei oder drei Stunden an, zum Beispiel die 'Princess Sophie' mit Schweizer Flagge am Heck. Die Donau ist hier breit, gestaut, das alte Dorf liegt darin begraben, die Staumauer (mit Kraftwerk) ca 50 km flussabwärts, Rumänien auf der anderen Seite.

Unser Ziel an der Donau war das Eiserne Tor, ca 25 km flussabwärts. Das Eiserne Tor ist ein enger Durchbruch durch die Berge, ein paar km lang. Dieser Abschnitt war über Jahrhunderte der gefährlichste für die Schifffahrt der Donau. Mit der Stauung im Jahr 1972 hat sich das Problem entschärft. Eine Regulierung der Donau wurde bereits in den 1830er Jahren vorgenommen (Felssprengungen zur Verbesserung der Fahrrinne durch die Stromschnellen). 1916 wurde eine 2.2 km lange Bahnstrecke in Betrieb genommen, am Serbischen Ufer. Die Dampflok (mit einer Seilwinde auf dem einzigen Wagen) zog die Lastschiffe stromaufwärts. 1969 stellte die Bahn ihren Dienst ein. Von der Anlage ist nichts mehr zu sehen, sie liegt nun ebenfalls in der gestauten Donau. Bereits in den Jahren 102 bis 105 bauten die Römer bei Drobeta Turnu Severin (etwas unterhalb der jetzigen Staumauer) eine Brücke, die Trajansbrücke. Diese war die längste der antiken Welt und sehr wichtig für die Expansion des Römischen Reiches über die Donau hinaus Richtung Osten.

Nun sind wir seit vier Tagen auf einem einfachen Campingplatz bei Ljubičevac, direkt an der Donau, gut 30 km nördlich von Negotin. Es ist ein ruhiger, gemütlicher Platz. 12 Fischerboote sind verankert, ca 2 Dutzend alte Wohnwagen stehen da (wovon nur wenige bewohnt sind, ab und zu und von Fischern). Touristen sind wir, wen erstaunt's, die einzigen. Wir haben hier viel Musse zum Nachdenken über die Bedeutung eines Flusses und zum Lesen.

placeholder
top
placeholder