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unsere Juni 2011 story

29.06.11

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Nach 8 Tagen auf dem Campingplatz 'Greenpeace' in Yusufeli sind wir am 15.06. in die Kaçkar Berge gefahren. Im Moment sind wir in Olgunlar, auf 2100 m, am Ende der Naturstrasse, 54 km von Yusufeli entfernt. Unterwegs haben wir Halt gemacht in Doles (auf 1624 m, für 3 Tage) und in Amanesket (2041 m, für 6 Tage).

Olgunlar, Doles, Amanesket sind sogenannte Mezras, dh Orte die nur im Sommer für gut zwei Monate bewohnt sind. Es gibt sehr viele Mezras in dieser Gegend, fast an jedem grünen Berghang sind sie zu sehen. Es sind also Alpdörfer, grosse und kleine, aus 20 oder nur 5 Häusern bestehend. Führt keine Strasse hoch (auch nicht die allerschlechteste Naturstrasse für 4x4 Fahrzeuge) werden viele dieser Mezras nicht mehr benützt und sind dem Verfall preisgegeben. Ein anderer Grund für den Verfall ist die Abwanderung in die Städte in den letzten Jahrzehnten.

In Doles trafen wir ein paar Frauen, 2 Kinder, Kühe und Schafe. Die paar Häuser und Ställe sind alle aus Holz. Die Bienenkistchen sind auf der Veranda plaziert, oder auf einem Podest auf Stelzen, wegen den Bären. Die Naturstrasse war hier zu Ende, wir fanden neben dem ersten 'Schober' ein gerades Plätzchen für uns. Die Aussicht auf die andere Talseite und in die Berge war sehr schön, Gelegenheit für eine Wanderung gab es auch.

In Amanesket sind alle Häuser aus Stein, das Erdgeschoss ist der Stall. Die paar Häuser neben uns (wir parkierten wiederum am Strassenende) waren verschlossen, die Stalltüren zum Teil offen. Vielleicht kommt im Juli oder August doch noch jemand hoch, vielleicht Nachkommen aus Istanbul für die Sommerferien. Ein einfaches Klo war vorhanden (neben einem Stall), und Wasser vom Brunnen auch. So konnten wir die 6 Tage in aller Ruhe geniessen und nach Lust und Laune wandern. Wir merkten dabei, dass es weiter oben doch noch ein bewohntes Haus gab.

Olgunlar, wo wir nun sind, bietet etwas mehr. Es hat zwei Pensionen (wovon eine noch geschlossen ist). Der Ort liegt an der klassischen Aufstiegsroute zum höchsten Punkt der Kaçkar Berge (3932 m). Die Hochsaison für das Trekking ist Juli und August. Auch hier ist die Naturstrasse zu Ende. Wir konnten uns neben der 'Kaçkar Pansiyon' einrichten, auf deren Parkplatz (eine Wiese, gross genug für 2 Fahrzeuge). Für die Benutzung der Infrastruktur (Toilette, Aufenthaltsraum, Internet) bezahlen wir gerne 6 Franken pro Tag. Der Kern des kleinen Dorfes besteht nur aus Blockhäusern. Als Minarett dient eine Holzstange mit einem Blechkegel als Spitze, darunter sind zwei Lautsprecher montiert. Normalerweise sind es Männer die Kühe und Schafe hüten, in diesem Ort sind es nur Frauen. Einen weiteren Unterschied stellten wir fest: Der Besitzer der Pension hat seine Bienenkistchen nicht auf der Veranda oder auf einer Platform plaziert, sondern in der Wiese. So kam halt vor 2 oder 3 Nächten der Bär vorbei, hat 2 Kistchen aufgebrochen und sich mit Honig bedient. Seither wird jede Nacht der Berghang mit starken Lampen abgesucht und ab und zu ein Schreckschuss abgefeuert. Gemäss Aussage lässt sich der Bär jeweils nicht stark beeindrucken, er zieht einfach nach einer Weile langsam und unverrichteter Dinge ab. Die Kistchen sind übrigens keine 200 m von uns entfernt. Wir lassen uns auch nicht beeindrucken und schlafen immer gut. Einen Bären haben wir auf unseren Touren noch nicht gesehen, wohl aber öfters deren Kot, und umgestossene grosse Steine, ein weiteres Zeichen der Präsenz.

Bei unserer Ankunft in Olgunlar war noch ein junger Oesterreicher als Gast in der Pension, und zwei junge Holländerinnen hatten ihr Zelt etwas ausserhalb des Ortes aufgeschlagen. Als wir letzten Sonntag von der Bergtour zurückkamen war der Wiesenplatz neben uns besetzt, von einem Landrover mit BE Kontrollschild. Wir haben schön gestaunt, und uns auch gefreut. Die Besitzer sind Susanne und Roger aus Brienzwiler, sie sind auf dem Weg nach Georgien und Armenien. Heute sind sie weitergereist. Auch Franz aus Meran kam für zwei Tage hierhin, mit seinem Motorrad. Er war bereits in Georgien und ist nun auf der Rückreise.

Gestern gingen wir in das untere Dorf einkaufen. Für die 4 km Distanz nahmen wir uns 4 Stunden Zeit. Wir stiegen zuerst einen Berghang hoch (wegen der Aussicht) und dann ab ins Dorf. Für den Rückweg wählten wir dann aber den kürzesten Weg. Wir waren 'schwer' beladen. Im Rucksack hatten wir 1 kg Yoghurt, 1 Pfund Karotten, 2 Brote, 500 g Baumnüsse, 200 g Salznüsse, 2 Beutel Kaffee, 1 kg Bananen, etc.

Das Verweilen in den Bergen gefällt uns sehr. Wir haben uns lange darauf gefreut. Das Wetter ist auch gut, jeden Tag Sonne.

11.06.11

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Seit vier Tagen sind wir in der Kleinstadt Yusufeli, im Nordosten der Türkei. Bis zum Schwarzen Meer sind es von hier 60 km, zu Georgien 70 km (Luftlinien). Wir reisten also in ziemlich genau einem Monat zügig von der Südküste quer durchs Land in die Nordostecke, 1900 km. Yusufeli ist ein Ausgangspunkt für die Kaçkar Berge und diese Berge waren das einzige Ziel das wir uns bereits vor der Einreise in die Türkei gesetzt hatten. Nun sind wir also hier, und eine erste Tour in diesen Bergen liegt bereits hinter uns.

Der Reihe nach: In Kayseri konnten wir ohne grossen Aufwand unsere Gasflasche (für Küche, Heizung, Warmwasser) füllen und einen kleinen Service des BREMACH machen lassen. Wir blieben drei Tage in Kayseri. Die Stadt ist sehr modern (sie hat zum Beispiel eine neue Strassenbahn), bietet aber auch viel Altes (Burg, Basar, Moscheen, Grabdenkmäler etc).

Dann gab es nach gut 20 km bereits wieder Halt für zwei Tage: Kültepe, das alte Kanesch und Karum. Wir parkierten neben einem Feldsträsschen auf der hinteren Seite des Ausgrabungshügels. Wir hatten die beste Aussicht auf den Berg Erciyes (3917 m), noch schneebedeckt, etwas südlich von Kayseri. Im Winter kämen viele Holländer hier skifahren. Wahrscheinlich ist dies hier günstiger als in der Schweiz. Der Bauer, der abends die Kühe an uns vorbei nach Hause trieb, lud uns ein. Er kam uns mit dem PW abholen, nachdem das Vieh versorgt war. Wir lernten seine Eltern kennen, haben zusammen etwas Kleines gegessen, Tee und Kaffee getrunken, kurz TV geschaut und etwas geplaudert. Kültepe ist heute 'nur' ein grasüberwachsener flacher Hügel, mit ein paar sichtbaren Fundamenten von Häusern und Palästen. Die Blütezeit war vor ca 3900 Jahren! Und immerhin war Kültepe die Hauptstadt eines Hethitischen Königreiches. Die Ausgrabungsstätte Karum, jetzt in fruchtbarem Ackerland gleich neben dem Hügel von Kültepe, war eine Assyrische Siedlung aus der gleichen Zeit. Händler wohnten hier und schrieben Verträge und Buchhaltung in (nun entzifferbarer) Keilschrift auf Tontafeln (siehe Bild).

Nächster Halt, nach immerhin 200 km, war die Stadt Sivas. Auch hier, wie in Kayseri, sind viele alte Gebäude aus der Zeit der Seldschuken. Bisher kannten wir etwas die Architektur und Bauweise der (später nach Anatolien kommenden) Osmanen. Nun meinen wir schon den Baustil von Seldschuken und Osmanen unterscheiden zu können.

Dann ging es über Zara nach Divriği, ein lohnender Umweg auf unserer ziemlich geraden Diagonale durch's Land. In Divriği ist die 'Ulu Camii' (alte Moschee). Sie ist aus dem Jahre 1229, die Aussenfassade ist mit wunderbaren Steinmetzarbeiten verziert. Die Moschee ist auf der Liste der UNESCO Weltkulturerben. Für uns so beeindruckend wie Fassade und Inneres war die Tatsache, dass der angebaute Spital (oder Sanatorium für psychisch Kranke) aus dem gleichen Jahr 1229 stammt. In Divriği angekommen fuhren wir direkt an den gegenüberliegenden Hang, wegen der Aussicht. Wir kamen dort ins Gespräch mit einer Frau, die uns gleich zu sich zum Tee einlud. Wir nahmen die Gelegenheit wahr und fragten, ob wir auf der Wiese nebenan parkieren dürften. Selbstverständlich. So hatten wir für zwei Tage beste Aussicht auf Dorf, Ulu Camii und Burg.

Nächster Halt war beim Dorf Kemaliye, etwas oberhalb des grossen Stausees Keban Barajı. Hier heisst der Fluss Karasu (Schwarzes Wasser), unterhalb des Stausees bereits Firat (der Euphrat).

Dann ging es an einen weiteren wichtigen Fluss in der Türkei, den Çoruh. Auf diesen trafen wir erstmals in der Stadt Bayburt. Unterwegs dorthin liessen wir die Stadt Erzincan rechts liegen. Die Landschaft Zentral- und Nordostanatoliens, wir wir sie zum Beispiel auf dieser Strecke erlebten, ist viel interessanter als wir erwarteten: Viele Berge und Hügel, ein ständiges Rauf und Runter, und erstaunlich grün (wenigstens zu dieser Jahreszeit). Kleine Dörfer, Weiler scheint es unendlich viele zu haben. Einige machen allerdings einen sehr sehr armen Eindruck.

Von Bayburt bis Yusufeli folgten wir meistens dem Fluss Çoruh, auf über 100 km. Wir legten dabei einen zweitägigen Halt direkt am Flussufer ein. Der letzte Halt vor Yusufeli war in Sırakonaklar, in einem Seitental auf 1800 m. Der Ort besteht aus mehreren Weilern, hat eine Schule aber kein Geschäft (auch nicht für Lebensmittel). Die Naturstrasse hört Eingangs Dorf auf. Wir fanden zum Glück ein flaches Plätzchen an der Strasse und blieben vier Tage hier. Wir waren nun erstmals in den bereits erwähnten Kaçkar Bergen und unternahmen von hier aus unsere erste Tour.

Nun sind wir also in Yusufeli, wiederum am Çoruh und auf 600 m, bei einer Pension mit angeschlossenem kleinem Campingplatz. Wir sind wieder unter Touristen. Ein paar Zelte stehen hier und ein zweites Fahrzeug (aus Deutschland). Yusufeli ist bekannt für Wildwasserfahrten. So ist im Moment je eine Gruppe aus Holland, Georgien und den USA ebenfalls an Ort. David und Robert aus England scheinen schon auf der halben Welt Kajak gefahren zu sein: in Pakistan, Indien, Nepal, Iran, Neuguinea, Mexiko, Schweiz etc. Von ihren Erfahrungen in diesen Ländern etwas mitzubekommen ist natürlich spannend.

Begegnungen mit aller Gattung Menschen, seien es einheimische Bauern, Strassenarbeiter, Gemüsehändler, Professoren oder eben ausländische Kajak-Fahrer, so wie es der Zufall ergibt, sind für uns ein interessanter, ja sogar wichtiger Aspekt des Reisens.

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